Streunerkatzen in der Schweiz
Warum die Kastration von Haus- und Bauernhofkatzen viel Leid verhindern kann
In der Schweiz leben rund 1,8 Millionen Katzen. Was viele nicht wissen: zahlreiche Samtpfoten haben kein festes Zuhause bzw. niemand fühlt sich für die Katzen verantwortlich. Es gibt keine genauen Zahlen, aber die Dunkelziffer ist hoch, da die Tiere oft zurückgezogen leben und die Nähe zu Menschen scheuen. Ihren Ursprung «verdanken» diese Streunerkatzen vor allem unkastrierten Hauskatzen mit Freigang. Die Schweizer Tierschutzverordnung schreibt zwar vor, dass Tierhalter Massnahmen treffen müssen, um zu verhindern, dass sich ihre Tiere unkontrolliert vermehren, dennoch lässt diese unklare Formulierung zu, dass viele Katzenhaltende ihre Samtpfote nicht kastrieren lassen. So können auch diese Freigänger wieder Nachwuchs mit anderen Katzen zeugen.
Das Ergebnis: Es gibt immer mehr Streunerkatzen, die meist ein elendes Leben fristen. Denn je mehr Streuner es gibt, desto stärker wird die Konkurrenz um Nahrung – und auch Krankheiten übertragen sich noch schneller. Entgegen der verbreiteten Meinung, dass die «Natur das selbst regelt», leiden Katzen oft monatelang an Krankheiten, Hunger oder Verletzungen, sterben qualvoll und stecken andere Katzen an.
Rechenbeispiel Streunerkatzen
Katzen sind durchschnittlich bereits mit fünf Monaten geschlechtsreif1. Eine Katze kann pro Jahr mehrere Würfe2 mit mindestens drei Kätzchen3 grossziehen, die wiederum nach einem halben Jahr selbst für Nachwuchs sorgen. Die Zahl der Nachkommen von nur einer Katze steigt so nach nur vier Jahren in die Tausende!
Die Lösung für Streuner: Kastration
Streunerkatzen in ein Tierheim zu bringen ist nur in den seltensten Fällen hilfreich. In der Regel sind die verwilderten Katzen den engen Kontakt mit dem Menschen nicht gewohnt. Für sie bedeutet ein Aufenthalt im Tierheim grossen Stress. Zudem sind ehemalige Streunerkatzen äusserst selten gut zu vermitteln, da sie meist nicht mehr an ein enges Zusammenleben mit dem Menschen zu gewöhnen sind.
Die einzige Lösung ist daher die flächendeckende Kastration der verwilderten Katzen. Damit wird die Population human und tiergerecht auf ein für Tier, Mensch und Umwelt tragbares Mass reduziert. Dies sorgt für ein verbessertes Nahrungsangebot für die verbleibenden Katzen, und die Verbreitung von Krankheiten wird eingedämmt. Dadurch, dass die Katzen nach der Kastration wieder in ihrem angestammten Revier freigelassen werden, wird zudem verhindert, dass sich neue Streunerkatzen in diesem Gebiet verbreiten.
Aber nicht nur Streunerkatzen müssen kastriert werden, auch Katzenhaltende, egal ob auf dem Land oder in der Stadt, sollten ihre Tiere, die Freilauf geniessen, kastrieren lassen. Nur so kann verhindert werden, dass die Streunerpopulation in der Schweiz weiter wächst.
Vorteile kastrierter Katzen
Verbreitete Irrtümer
- FALSCH: Die Natur wird schon dafür sorgen, dass nur die Starken überleben. RICHTIG ist: Kranke Tiere leiden oft über Monate und Jahre hinweg, sterben einen qualvollen Tod und stecken davor noch viele Artgenossen an, die in der Folge das gleiche Schicksal erleiden.
- FALSCH: Kastrierte Katzen werden dick. RICHTIG ist: Kastrierte Katzen haben einen geringeren Energiebedarf als unkastrierte. Solange sie aber nicht übermässig gefüttert werden, bleiben auch sie rank und schlank.
- FALSCH: Kastrierte Katzen und solche, die regelmässig gefüttert werden, jagen keine Mäuse mehr. RICHTIG ist: Der Jagdtrieb der Katze ist instinktiv und wird auch ausgeübt, ohne dass die Katze dafür Hunger haben oder fortpflanzungsfähig sein muss. Durch Krankheiten geschwächte Katzen hingegen jagen weniger.
Tötung von Streunerkatzen
Eine grosse Zahl von Streunerkatzen sorgt in einer Nachbarschaft meist für Unmut, da die Tiere Gärten verschmutzen oder Singvögel jagen. Daher werden Streuner nicht selten auf rechts- und tierschutzwidrige Art vergiftet, erschlagen oder ertränkt. Auch auf Bauernhöfen werden unerwünschte Katzenwelpen manchmal kurzerhand getötet. Diese immer noch gängigen Praktiken gilt es auf alle Fälle zu verhindern.
VIER PFOTEN setzt sich ein:
- für eine nationale Kastrations- und Registrierungspflicht aller Freigängerkatzen
- für einen tierfreundlichen Umgang mit verwilderten Katzen auf lokaler und nationaler Ebene
- für die Aufklärung der Bevölkerung über die Problematik von unkastrierten und verwilderten Hauskatzen
- gegen die Tötung unerwünschter Katzenwelpen
Quellenverweis
2. Little SE. Chapter 40 - Female Reproduction. In: Little SE, editor. The Cat. Saint Louis: W.B. Saunders; 2012. p. 1195–1227. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/B9781437706604000405. doi:10.1016/B978-1-4377-0660-4.00040-5
3. Hubrecht RC, Kirkwood J. The UFAW Handbook on the Care and Management of Laboratory and Other Research Animals. John Wiley & Sons; 2010.
4. Cat Behavior Problems - Marking and Spraying Behavior | VCA | VCA Animal Hospitals. Vca. [accessed 2024 Jul 25]. https://vcahospitals.com/know-your-pet/cat-behavior-problems-marking-and-spraying-behavior
5. Cafazzo S, Bonanni R, Natoli E. Neutering Effects on Social Behaviour of Urban Unowned Free-Roaming Domestic Cats. Animals. 2019;9(12):1105. doi:10/gg6q3z
6. Weedon GR, Kustritz MVR, Bushby P. Influence of Spay–Neuter Timing on Health. In: High-Quality, High-Volume Spay and Neuter and Other Shelter Surgeries. John Wiley & Sons, Ltd; 2020. p. 509–520. https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/9781119646006.ch26. doi:10.1002/9781119646006.ch26.
7. Cafazzo S, Bonanni R, Natoli E. Neutering Effects on Social Behaviour of Urban Unowned Free-Roaming Domestic Cats. Animals. 2019;9(12):1105. doi:10.3390/ani9121105
8. Cat Neutering and Behavior | VCA Animal Hospitals. Vca. [accessed 2024 Jul 25]. https://vcahospitals.com/know-your-pet/cat-behavior-and-training-cat-neutering-and-behavior